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Die Erinnerung wach halten, zukünftige Verbrechen verhindern

Das Pfalzklinikum gedachte der Opfer des Nationalsozialismus

Der Bezirkstagsvorsitzende Theo Wieder hielt an der Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus eine Rede.
Jugendliche des Pfalzinstituts für Hören und Kommunikation und des Pfalzinstituts in Klingenmünster gestalteten den Gottesdienst in der Klinikkirche mit.
Die Leiterin des Pfalzinstituts für Hören und Kommunikation, Dr. Hiltrud Funk, der Ortsbürgermeister von Klingenmünster, Erwin Grimm, Pfalzklinikum-Geschäftsführer Paul Bomke, der Bezirkstagsvorsitzende Theo Wieder und der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Ottmar Miles-Paul legten an der Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus Kränze nieder.

Klingenmünster. „Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu wohnen, aber nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die daneben stehen und sie gewähren lassen“, dieser Spruch des berühmten Nobelpreisträgers Albert Einstein hing am nationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus in der Klinikkirche des Pfalzklinikums. Auch die Klinik in Klingenmünster war an den verbrecherischen Maßnahmen der NS-Psychiatrie beteiligt. Untersuchungen ergaben, dass in der NS-Zeit rund 2000 Patientinnen und Patienten deportiert und getötet wurden oder gewaltsam zu Tode kamen.

Am 27. Januar setzte sich das Pfalzklinikum mit dem dunkelsten Kapitel seiner Geschichte auseinander. Der Bezirkstagsvorsitzende Theo Wieder, Pfalzklinikum-Geschäftsführer Paul Bomke, der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Ottmar Miles-Paul, die Leiterin des Pfalzinstituts für Hören und Kommunikation, Dr. Hiltrud Funk und der Ortsbürgermeister von Klingenmünster, Erwin Grimm legten auf dem Klinikfriedhof Kränze nieder, darunter auch einen Kranz des Landesverbandes der Psychiatrie Erfahrenen e. V. „Erinnerung ist viel mehr als Historisches. Erinnerung ist Zukunftsarbeit. Es geht darum, wie wir verhindern können, dass solche Verbrechen wie in der NS-Zeit wieder geschehen“, sagte Theo Wieder in seiner Rede an der Gedenkstätte. Dabei stellte er auch die Frage, ob die Menschen, die heute leben, damals anders gehandelt hätten. „Wir dürfen nicht wegsehen, wenn andere diskriminiert und beschimpft werden, nur so können wir verhindern, dass so ein beispielloses Verbrechen wieder geschieht“, betonte der Bezirkstagsvorsitzende.

Nach der Kranzniederlegung gingen die etwa 100 Teilnehmer der Veranstaltung gemeinsam zur Klinikkirche. Unter dem Motto „Vorurteile und Ausgrenzung im Dritten Reich und heute“ gestalteten die Klinikseelsorger Joachim Geiling und Michael Reis gemeinsam mit Jugendlichen aus dem Pfalzinstitut Klingenmünster und dem Pfalzinstitut für Hören und Kommunikation einen Gottesdienst mit szenischer Lesung. Dabei gedachten die Seelsorger und Gäste der Menschen, die während der NS-Zeit gedemütigt, deportiert, gefoltert und getötet wurden. Die Jugendlichen erinnerten daran, dass die politische Propaganda während der NS-Zeit Vorurteile gegen verschiedene gesellschaftliche Gruppen schürte und sie mit verschiedenfarbigen Zeichen auf der Kleidung ausgrenzte. Für jede dieser Gruppen legten sie ein buntes Band auf den Altar und gingen auf die jeweiligen Vorurteile ein: „Schwarz stand damals für die Behinderten. Sie galten als dumm, schwachsinnig und idiotisch.“ Danach stellten die Jugendlichen Regeln für einen guten Umgang miteinander vor, wie beispielsweise: „Wir integrieren Menschen mit Behinderungen und sorgen dafür, dass sie am Leben in der Gesellschaft teilhaben. Wir respektieren alle Glaubensrichtungen und tolerieren verschiedene Formen von Beziehungen.“ Pfarrer Joachim Geiling betonte: „Am Anfang stand das Vorurteil – damals und heute. Vorurteile sind gefährlich, sie steuern, wie wir denken und handeln.“ Er zitierte aus einer empirischen Langzeitstudie der Universitäten Bielefeld und Marburg. Danach verfestigen sich in der deutschen Gesellschaft Rassismus und Islamfeindlichkeit. „Man sollte auf andere Menschen lieber frei, offen und neugierig reagieren und sich von ihrem Anderssein auch mal verstören lassen. Jeder von uns ist anders“, so Joachim Geiling.

Für Musik während des Gottesdienstes sorgten Ortrud Barthels an der Orgel und die ST-Band des Pfalzinstituts Klingenmünster. Die Band präsentierte den Song „Vielleicht“ von den Söhnen Mannheims und das Gedicht „Ich möchte leben“. Es stammt von dem Mädchen Selma, das 1942 im Alter von 18 Jahren in einem Arbeitslager an Typhus starb. Unter anderem mit den Worten: „Herr, gib uns Mut zum Hinschauen, Fragen und menschlich Handeln“, beendete Michael Reis den Gottesdienst.

Nach der Veranstaltung konnten sich die Gäste bei einer warmen Mahlzeit im BKV-Zentrum aufwärmen und die Wanderausstellung zur NS-Psychiatrie im Alleehaus des Pfalzklinikums besuchen. Hier sind auf 16 Texttafeln mit historischen Fotos und Dokumenten wesentliche Etappen der NS-Psychiatrie dargestellt: massenhafte Zwangssterilisationen, Deportation und Krankenmord, das Hungersterben in den letzten Kriegsjahren.

Die Ausstellung ist jeden Mittwoch 14:30 bis 17:00 Uhr geöffnet, weitere Infos gibt es unter www.ns-psychiatrie-pfalz.de

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